Das Suchen, Finden, Sammeln, Kombinieren und Transformieren ist ein elementarer Bestandteil der künstlerischen Arbeit von Angelika Lill-Pirrung.

 

Auf verwittertem Holz, auf Schwemm- und Sägehölzern, verrostetem Metall, alten Gebrauchsgegenständen entdeckt die Künstlerin faszinierende Spuren des Gebrauchs, des Verfalls und der Zeit. Diese Spuren der Zeit sind es, die sie inspirieren. Die Fundstücke, meist auf Flohmärkten entdeckt, entwickeln sich durch das Kombinieren mit anderen Materialien wie z.B. Ton oder Holz und durch den Prozess der Transformation zu etwas „Neuem“. Meist entstehen so archaisch und gleichermaßen majestätisch anmutende Stelen. Den Ton brennt Angelika Lill-Pirrung meist in Raku, eine alte japanische Brenntechnik, bei der die Elemente Erde, Feuer, Wasser, Luft ins Spiel kommen und das Ergebnis entscheidend mit beeinflussen. Die Basis ihres plastischen Werks bildet ein spielerischer und doch ernster Umgang mit ehemaligen Bedeutungen und neuen Zuordnungen, also eine Trans-Formation von Einst und Jetzt, von Erinnerung und Gegenwart, von Ewigkeit, Vergänglichkeit und Zukunft. Den Skulpturen haftet die Aura des Gebrauchten an. Die Dinge tragen eine Geschichte mit sich, das spürt man. Aber sie sind eben eindeutig auch im Hier und Jetzt verortet und werden durch die Hände und Gedanken der Künstlerin zu neuen plastischen Körpern. Das Thema Zeit – erinnern, festhalten, konservieren – verarbeitet Angelika Lill-Pirrung seit vielen Jahren in ihren Installationen. Im Palazzo Mora in Venedig zeigt sie beispielsweise ein Stelenpaar aus der Serie Wächter, die sie seit Jahren aus der Kombination verschiedener roher Materialien (objets bruts) entstehen lässt. Dieses Stelenpaar ist ein charakteristischer Mix der Künstlerin: Es besteht aus geflämmtem Fundholz, aus Raku gebranntem Ton und aus objets trouvés wie die gebrauchten Hämmer, die mit kupferfarbenen Metallfäden verbunden sind.

 

In der Malerei reflektiert Angelika Lill-Pirrung Landschaftseindrücke von vielen Reisen. Nicht das Abbild der Landschaft steht im Vordergrund. Es setzt sich eindeutig die Imagination der Künstlerin durch. Die Bilder verfügen über eine bemerkenswerte Räumlichkeit, hier zeigt sich die künstlerische Herkunft Angelika Lill-Pirrungs als Bildhauerin. Malerei und Skulptur entstehen stets parallel. Je nach Stimmung bewegt sie sich als Malerin oder Bildhauerin von Raum- zu Sinneseindrücken, von Landschaft zu Fundstücken, von Raku zu Metall, von Geschichte zu Gegenwart. Die Spuren als Boten aus der Vergangenheit oder der Erinnerung gehen einher mit der Zeit und formieren sich zu phantasievollen neuen Schöpfungen.